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VOB Nachtrag: Das Nachtragsangebot

Ferdinand Witt-Dörring
Ferdinand Witt-Dörring
11/2023
Inhalte

Nachträge sind notwendig, um Änderungen oder Ergänzungen während eines Bauprojektes zu berücksichtigen. In unserem heutigen Blog erklären wir, wie ein Nachtrag nach der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (kurz: VOB) erstellt wird, was dabei zu beachten ist und welche Informationen unbedingt enthalten sein sollten, um ein erfolgreiches Nachtragsangebot zu garantieren.

Was genau ist ein Nachtrag

Ein Nachtrag im Zusammenhang mit Bauverträgen bezieht sich auf Änderungen oder Ergänzungen des ursprünglichen Vertrags, die während der Ausführung des Bauvorhabens notwendig werden. Dabei können verschiedene Gründe eine Rolle spielen, wie beispielsweise unvorhergesehene Umstände auf der Baustelle, Änderungen der Anforderungen oder Wünsche des Auftraggebers oder auch Fehler in der Planung oder Ausführung.

Ein Nachtrag ist erst nach erfolgreichen Vertragsabschluss möglich.

Was ist ein Nachtragsangebot?

Ein Nachtragsangebot, auch als 'Nachtragsofferte' bekannt, ist ein Angebot, das ein Auftragnehmer einem Auftraggeber vorlegt, wenn im Laufe der Bauausführung zusätzliche oder geänderte Leistungen erforderlich werden. Dieses Angebot beinhaltet eine detaillierte Beschreibung der notwendigen Änderungen, eine genaue Aufschlüsselung der damit verbundenen Kosten und einen aktualisierten Zeitplan für die Umsetzung dieser Änderungen.

BGB vs. VOB Nachtrag: Was sind die Unterschiede?

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) und die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) sind zwei verschiedene rechtliche Rahmenbedingungen, die bei Bauverträgen in Deutschland zur Anwendung kommen. Beide, BGB und VOB, enthalten Regelungen zum Nachtragsangebot. Laut BGB § 650 b gilt:

Begehrt der Besteller (=Auftraggeber) eine Änderung des vereinbarten Werkerfolgs (§ 631 Absatz 2) oder es gibt eine Änderung, die zur Erreichung des vereinbarten Werkerfolgs notwendig ist, streben die Vertragsparteien Einvernehmen über die Änderung und die infolge der Änderung zu leistende Mehr- oder Mindervergütung an. Der Unternehmer ist verpflichtet, ein Angebot über die Mehr- oder Mindervergütung zu erstellen, im Falle einer Änderung nach Satz 1 Nummer 1 jedoch nur, wenn ihm die Ausführung der Änderung zumutbar ist. Im Gegensatz dazu werden die Regeln und Fälle für Nachträge in der VOB deutlich genauer beschrieben.

VOB Nachtrag

Ein VOB Nachtrag ist eine Änderung des ursprünglichen Bauvertrags aufgrund von zusätzlichen, geänderten oder entfallenen Leistungen. Dabei muss der Nachtrag den Regelungen der VOB entsprechen und vom Auftragnehmer rechtzeitig und ordnungsgemäß angekündigt werden. Der Auftraggeber ist dann verpflichtet, das Nachtragsangebot zu prüfen und zu entscheiden, ob er den Nachtrag akzeptiert und vergütet oder nicht.

VOB Nachtragsarten

Laut VOB gibt es folgende Arten von Nachträgen:

§ 2, Abs. 3: Mehr- oder Mindermengen:

Es kommt auf Baustellen oft vor, dass Materialmengen entweder mehr oder weniger benötigt werden als ursprünglich geplant und vereinbart. Wenn die Menge von Materialien, die in der Ausschreibung angegeben wurde, überschritten oder unterschritten wird, ist es möglich, den Einheitspreis durch einen VOB-Nachtrag anzupassen.

§ 2, Abs. 4: Wegfall von Leistungen:

Eine weitere Ursache für einen Nachtrag auf einer Baustelle sind Nullpositionen, die Leistungen darstellen, die gestrichen worden sind. Diese Nullpositionen erscheinen im Leistungsverzeichnis, jedoch wurde ihre Menge auf Null gesetzt. Wenn der Auftraggeber für die Nullposition verantwortlich ist, weil er die Leistung selbst ausführen möchte, hat der Auftragnehmer Anspruch auf eine Vergütung für die entfallene Leistung.

§ 2, Abs. 5: geänderte Leistungen:

Im Rahmen der VOB ist es auch möglich, einen Nachtrag zu erstellen, wenn der Bauentwurf auf Wunsch des Auftraggebers geändert wird. Veränderungen in den Bauplänen führen oft zu Veränderungen in den zu erbringenden Leistungen. Diese Änderungen haben wiederum Auswirkungen auf die Kosten, die dem Auftragnehmer entstehen.

§ 2, Abs. 6: zusätzliche Leistungen:

Zusätzliche Leistungen sind solche, die im ursprünglichen Bauvertrag nicht oder nur unvollständig spezifiziert wurden. Diese Leistungen müssen demnach vom Auftragnehmer erbracht werden, obwohl sie nicht Teil des ursprünglichen Vertrags waren. Wenn der Auftraggeber oder sein/e ArchitektIn nur eine grobe oder unvollständige Beschreibung der erforderlichen Leistungen zur Verfügung gestellt hat, hat der Auftragnehmer gute Chancen auf eine Nachtragsforderung.

§ 2, Abs. 7: Preisausgleich bei Pauschalsummen:

Wenn in einem Bauvertrag Pauschalpreise anstelle von Einheitspreisen vereinbart wurden, bleibt die Vergütung normalerweise unverändert. Es gibt jedoch Ausnahmen, wenn der Leistungsumfang so stark vom Vertrag abweicht, dass es für einen oder beide Vertragspartner unzumutbar ist, an den vereinbarten Pauschalpreisen festzuhalten.

§ 2, Abs. 8: eigenmächtig ausgeführte Zusatzleistungen: 

Eigenmächtig erbrachte Zusatzleistungen sind ein heikles Thema. Um einen Vergütungsanspruch geltend zu machen, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:

  • Der Auftraggeber muss die erbrachte Leistung nachträglich anerkennen.
  • Die Leistung muss notwendig sein, um den Vertrag zu erfüllen.
  • Die Leistung muss dem Auftraggeber unverzüglich mitgeteilt werden.

§ 2, Abs. 9: Vergütung für Zeichnungen, Berechnungen oder ähnliche Unterlagen: 

Jede Art von Berechnungen, Zeichnungen oder anderen Unterlagen, die nicht explizit im Vertrag vorgesehen sind, können als Grundlage für einen VOB-Nachtrag dienen. Der Auftragnehmer kann auch eine Vergütung für die Prüfung von Berechnungen verlangen, die nicht ursprünglich von ihm selbst erstellt wurden.

Wie hoch darf ein Nachtragsangebot sein?

Die Höhe eines Nachtragsangebots ist abhängig von verschiedenen Faktoren und kann sehr unterschiedlich ausfallen. Es gibt keine gesetzliche oder vertragliche Grenze für die Höhe eines Nachtragsangebots. Allerdings sollte das Nachtragsangebot immer nachvollziehbar und angemessen sein. Der Auftragnehmer muss nachweisen können, dass die zusätzlichen Kosten durch eine unvorhergesehene Änderung der Vertragsbedingungen oder durch Umstände, die nicht in seinem Einflussbereich lagen, entstanden sind. Der neue Preis im Nachtragsangebot soll laut VOB auf den tatsächlichen Mehr- oder Minderkosten basieren. Hierbei dient die Urkalkulation, welche zur Berechnung der vertraglichen Leistung genutzt wurde, als Grundlage für die Nachtragskalkulation. Es erfolgt ein Vergleich zwischen der Urkalkulation und der tatsächlich ausgeführten Leistung, um die Abweichungen zu bestimmen.

Nachtragsangebot: Schritt für Schritt erklärt

Damit es im Prozess vom Nachtragsangebot biz zur Freigabe keine Probleme gibt, müssen sowohl Auftragnehmer als auch der Auftraggeber sorgfältig vorgehen, um sicherzustellen, dass alle notwendigen Informationen und Unterlagen vorliegen und dass die Kosten angemessen sind. Dieser Prozess umfasst mehrere Schritte:

Schritt 1: Nachtrag ankündigen:

Der Auftragnehmer kündigt den Nachtrag an und informiert den Auftraggeber über die zusätzlichen Leistungen, die er erbringen muss, um den Auftrag abzuschließen. Hierbei müssen die Gründe für den Nachtrag, sowie die zusätzlichen Kosten und die Verlängerung der Bauzeit genannt werden.

Schritt 2: Nachtragsangebot schreiben:

Der Auftragnehmer erstellt ein Nachtragsangebot, in dem er detailliert alle Leistungen, die zusätzlich zu erbringen sind, sowie die Kosten und die Verlängerung der Bauzeit auflistet. Im Angebot muss auch die Nachtragsbegründung und die Nachtragskalkulation enthalten sein.

Schritt 3: Nachtragsangebot samt Unterlagen einreichen:

Der Auftragnehmer reicht das Nachtragsangebot beim Auftraggeber ein und fügt alle erforderlichen Unterlagen wie technische Zeichnungen, Materiallisten und Nachweise bei.

Schritt 4: Nachtragsprüfung durch den Auftraggeber:

Der Auftraggeber prüft das Nachtragsangebot und entscheidet, ob er es annimmt oder ablehnt. Wenn der Auftraggeber das Angebot annimmt, wird ein Nachtrag zum ursprünglichen Vertrag geschlossen und der Auftragnehmer führt die zusätzlichen Leistungen aus. Wenn der Auftraggeber das Angebot ablehnt, muss der Auftragnehmer entweder auf die zusätzlichen Leistungen verzichten oder gerichtliche Schritte einleiten, um seine Ansprüche durchzusetzen.

Die Nachtragsprüfung durch den Auftraggeber umfasst in der Regel folgende Schritte:

  • Prüfung der Notwendigkeit des Nachtrags: Zunächst prüft der Auftraggeber, ob der Nachtrag notwendig ist und ob er im Einklang mit den Bestimmungen des Vertrags steht. Dabei wird geprüft, ob die Gründe für den Nachtrag berechtigt sind und ob die Änderungen tatsächlich notwendig sind.
  • Prüfung der Angemessenheit der Kosten: Der Auftraggeber prüft die Kostenaufstellung des Nachtragsangebots und prüft, ob die Kosten angemessen sind. Dabei wird geprüft, ob alle Kostenfaktoren berücksichtigt wurden und ob die Kosten im Vergleich zu ähnlichen Arbeiten angemessen sind.
  • Prüfung der Dokumentation: Der Auftraggeber prüft, ob die Dokumentation der Änderungen und zusätzlichen Arbeiten vollständig und korrekt ist. Dabei wird geprüft, ob die Beschreibung der Änderungen und zusätzlichen Arbeiten ausreichend und präzise ist.

Schritt 5: Verhandlungen:

Wenn der Auftraggeber mit dem Nachtragsangebot nicht einverstanden ist oder Änderungen vorschlagen möchte, werden Verhandlungen mit dem Auftragnehmer aufgenommen. Dabei wird versucht, eine Einigung über die notwendigen Änderungen und die damit verbundenen Kosten zu erzielen.

Schritt 6: Freigabe oder Ablehnung:

Wenn der Auftraggeber mit dem Nachtragsangebot einverstanden ist, wird es freigegeben und Teil des Vertrags.

Wie schreibt man ein Nachtragsangebot?

Um ein Nachtragsangebot zu erstellen, ist es wichtig, dass der Nachtrag zuvor angekündigt wurde. Sobald dies geschehen ist, kann mit der Erstellung des Angebots begonnen werden. Dabei ist es entscheidend, dass das Angebot ausführlich, übersichtlich und leicht nachvollziehbar gestaltet ist. Denn nur so kann vermittelt werden, dass die Nachtragsforderung gut durchdacht wurde und die richtigen Voraussetzungen gegeben sind, um einen zulässigen Nachtrag laut VOB zu stellen. Das Nachtragsangebot sollte aus einem Anschreiben mit einer plausiblen Nachtragsbegründung, einem Kalkulationsnachweis, einem Nachtragsleistungsverzeichnis sowie weiteren Dokumenten zur Unterstützung der Forderung bestehen. Die Nachtragsbegründung muss dabei ausführlich und bedacht formuliert sein, um den Auftraggeber von der Notwendigkeit des Nachtrags zu überzeugen. Der Kalkulationsnachweis dient dazu, dem Auftraggeber eine einfache Preisprüfung zu ermöglichen und sollte sich an der ursprünglichen Kalkulation für den Bauvertrag orientieren. Zusätzlich sollten alle betroffenen Leistungspositionen in einem übersichtlichen Nachtrags-LV dokumentiert werden, um die Nachtragsforderung nochmals zu untermauern.

Wer prüft Nachträge?

In der Regel prüft der Auftraggeber die Nachträge. Das kann entweder direkt durch das Projektmanagement oder durch eine spezielle Nachtragsprüfstelle erfolgen. In einigen Fällen kann auch ein unabhängiger Sachverständiger hinzugezogen werden, insbesondere wenn es um sehr komplexe oder strittige Nachträge geht. Die Prüfung erfolgt dabei auf Basis der vertraglichen Vereinbarungen, der VOB und den anerkannten Regeln der Technik.

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