Was ist ein Leistungsverzeichnis (LV)?

Das Wichtigste im Überblick:
- Ein Leistungsverzeichnis (LV) listet alle auszuführenden Teilleistungen eines Bauprojekts.
- Ein LV beschreibt die quantitativen Angaben wie Mengen, Maße und Einheiten als Basis für die Ausschreibung, Angebotserstellung und Kalkulation.
- Moderne AVA-Software ermöglicht die strukturierte Erstellung, Kalkulation, Vergabe und Abrechnung in einem System.
Was ist ein Leistungsverzeichnis?
Ein Leistungsverzeichnis (LV) im Bauwesen listet alle auszuführenden Teilleistungen eines Bauprojekts. Es dient als Grundlage für Ausschreibung, Angebotserstellung und Kalkulation und bildet den roten Faden zwischen Planung, Vergabe und Ausführung.
LV nach VOB vs LV nach BGB
- VOB-LV: eingebettet in das Fachregelwerk für Bauverträge, wird nur wirksam, wenn vertraglich vereinbart; besonders bei öffentlichen Auftraggebern oft verpflichtend.
- BGB-LV: orientiert sich an den allgemeinen Werkvertragsregelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches.
Leistungsverzeichnis vs. Leistungsbeschreibung
- Die Leistungsbeschreibung definiert die qualitative Ausführung, Materialien und Standards (z. B.„Massivholzdielen, Buchenholz, Klasse X, gehobener Standard, verklebt verlegen”).
- Das Leistungsverzeichnis legt die quantitativen Angaben fest – also Mengen, Maße und kalkulationsrelevante Details (z. B. 48 m² Massivholzdielen aus Buchenholz, Klasse X, Holzfeuchte 7–11 %, auf Estrich verlegen“)
{{ava-cta_1}}{{cta-ava_1}}
Was gehört in ein Leistungsverzeichnis?
Laut Deutschem Vergabeportal (DTVP) enthält ein Leistungsverzeichnis alle Angaben, die BieterInnen benötigen, um ein rechtsverbindliches Angebot abzugeben.
- Exakte Leistungsbeschreibung der Leistungsbilder
- Mengen- und Umfanganalyse
- Leistungsrelevante Umstände (z. B. Baustellenbedingungen)
Alle Informationen müssen vollständig und eindeutig sein, damit die geforderten Leistungen laut den technischen Vertragsbedingungen, geltenden Normen und der gewerblichen Verkehrssitte ausgeführt werden können.
Wie ist ein Leistungsverzeichnis aufgebaut?
Ein Leistungsverzeichnis ist hierarchisch gegliedert und deshalb oft als Tabelle dargestellt:
- Baulos oder Leistungsbereich
- Gewerk oder Teilleistungsbereich
- Abschnitt
- Unterabschnitt
- Titel oder Position
LV Bestandteile und tabellarischer Aufbau
Im LV wird zunächst jede Position durch eine Laufnummer gekennzeichnet, gefolgt von der Mengenangabe in der entsprechenden Mengeneinheit (z. B. m², Stück, Stunde).
Darauf folgt ein Beschreibungstext, der in Lang- und Kurztext unterteilt ist, wobei der Kurztext häufig auch für die Rechnungserstellung verwendet wird.
Abschließend werden der Einheitspreis und der Gesamtpreis angegeben, wobei der Gesamtpreis als Produkt aus Menge und Einheitspreis berechnet wird.

Preise im LV
Beim Einheitspreis wird jede Teilleistung einzeln abgerechnet, wobei der Preis pro Einheit und die Menge zugrunde gelegt werden.
Der Gesamtpreis gibt den Preis für eine gesamte Leistung oder einen Leistungsabschnitt an.
Beim Pauschalpreis wird ein Festpreis für das komplette Leistungspaket vereinbart, sodass in der Regel keine Mengenermittlung erfolgt und der Auftragnehmer das Risiko für mögliche Mehr- oder Minderleistungen trägt.
Positionsarten im Leistungsverzeichnis
Im Leistungsverzeichnis gibt es verschiedene Positionsarten, die unterschiedliche Anforderungen und Verbindlichkeiten abbilden:
Leistungs- oder Ausführungsposition
reguläre, verbindliche Position, die auf jeden Fall gefordert wird und zur Erstellung der Standardleistung erforderlich ist
Pauschalposition
Eine Pauschalposition umfasst eine komplette Leistung ohne Mengenangabe.
Grundposition
Eine Grundposition ist eine optionale Leistung mit alternativen Ausführungsvarianten.
Wahl-/Alternativposition
Wahl-/Alternativpositionen enthalten mögliche Varianten (z. B. andere Materialien), die grundsätzlich nur mit dem Einheitspreis und ohne Mengenangaben angeboten werden, damit der Gesamtpreis nicht zusätzlich zur Grundleistung addiert wird.
Bedarfs- oder Eventualposition
Bedarfs- oder Eventualpositionen betreffen Bauleistungen, die nur bei Bedarf auszuführen sind, weshalb sie ebenfalls nur Einheitspreise angeboten werden.
Zulageposition
Zulagepositionen sind Zuschläge für besondere Bedingungen oder Härten. Sie ergänzen demnach die Normalposition bei besonderen Leistungen laut der VOB Teil C.
Nachtragsposition
Nachtragspositionen enthalten nachträgliche Zusatzleistung, wenn es durch ungeplante Gründe zu zusätzlichen oder zeitaufwändiger Leistungen kommt, um die ursprünglich angebotene Teilleistung fertigzustellen.
Umlageposition
Umlagepositionen sind Sonderfälle für indirekte Kosten wie z.B. die Baustelleneinrichtung, die sonst – standardmäßig – über die Gemeinkosten kalkuliert werden.
Warum ist ein Leistungsverzeichnis wichtig?
Ein Leistungsverzeichnis ist die Grundlage für den Prozess der Ausschreibung, Vergabe, Abrechnung (AVA).
- Detaillierter Überblick für alle Beteiligten über die Gesamtleistung
- Korrekte Kostenkalkulation und objektive Vergleichbarkeit
- Bessere Kontrolle und ggfs. Reklamation mangelhafter Leistungen
Ohne Leistungsverzeichnisse können keine Leistungen vereinbart oder verbindlichen Angebote erstellt werden. Ein Beispiel: "Den gesamten Wohnbereich mit Buchenholz auskleiden" ließe sehr viel Spielraum für Interpretation. Nur mit einer exakten Aufgliederung in Positionen wie Fußboden, Wände und Decken können AuftraggeberInnen, AuftragnehmerInnen und BauherrInnen effektiv kommunizieren.
Ist ein Leistungsverzeichnis rechtlich bindend?
Ein Leistungsverzeichnis ist rechtlich verbindlich für Auftraggeber und Bieter, sobald es vertraglich vereinbart wurde. Dann legt es den Umfang der zu erbringenden Leistungen fest und dient als Grundlage für Kalkulation und Abrechnung.
Was passiert bei einem fehlerhaften Leistungsverzeichnis?
Fehler im LV können gravierende Folgen haben, etwa:
- Nachträge und Budgetüberschreitungen
- Zeitverzögerungen im Bauablauf
- Mängelbeseitigungskosten
- Vertragsstrafen oder Schadenersatzforderungen
Gemäß VOB/A § 7 Abs. 1 müssen Leistungsbeschreibungen so formuliert werden, dass sie eindeutig, vollständig und vergleichbar sind. Planungsbüros tragen hier die volle Verantwortung.
Leistungsverzeichnis erstellen: So geht’s
Ein Leistungsverzeichnis wird erstellt, indem zunächst alle auszuführenden Teilleistungen eines Bauprojekts systematisch erfasst und in hierarchische Leistungsbereiche gegliedert werden.
Anschließend werden die einzelnen Positionen mit Mengeneinheiten und detaillierten Ausführungsangaben versehen, um eine Grundlage für die Kalkulation und Angebotslegung zu schaffen.
Abschließend werden alle Positionen geprüft, strukturiert und in die Ausschreibung übernommen.
In welcher Leistungsphase wird das Leistungsverzeichnis erstellt?
Das Leistungsverzeichnis wird in der HOAI-Leistungsphase 6 – Vorbereitung der Vergabe erstellt. In den folgenden Phasen (LP 7–9) dient es dann zur Kontrolle, Abrechnung und zur Geltendmachung von Gewährleistungsansprüchen.
Wer erstellt das Leistungsverzeichnis?
In der Regel erstellt das Planungsbüro – also ArchitektInnen und IngenieurInnen – das Leistungsverzeichnis, da sie den gesamten Planungsprozess koordinieren.
In Ausnahmefällen können auch sachkundige BauunternehmerInnen oder ProjektmanagerInnen ein LV erstellen; vorausgesetzt, sie verfügen über Kenntnisse in VOB und HOAI.
Gerade Einzelkämpfer nutzen oft Excel oder Word und erstellen ihr Leistungsverzeichnis aus Vorlagen. Allerdings stoßen diese spätestens bei dem Datenaustausch an ihre Grenzen.
Erstellung eines Leistungsverzeichnis mit AVA-Software
Zur Erstellung von Leistungsverzeichnissen nutzen die meisten Planungsbüros eine sogenannte AVA-Software, mit der sich die Ausschreibung, Vergabe und Abrechnung weitgehend automatisiert lässt.
AVA-Software unterstützt Planungsbüros dabei, ihre Positionen strukturiert anzulegen und Mengen automatisch zu berechnen. Genauer gesagt können PlanerInnen auf normierte Ausschreibungstexte nach VOB zurückgreifen und müssen sich keine Gedanken mehr über die korrekte Formulierung machen.
Verfügbar sind oft Tools zur Mengenermittlung sowie eine Preisdatenbank mit Durchschnittspreisen aus reellen Angeboten, was die Kostenberechnung vereinfacht.
Auch die Vergabeprozesse (mit Preisspiegel) und die Abrechnung (mit Rechnungsprüfung) können direkt innerhalb des Systems durchgeführt werden, was Zeit spart und Fehler reduziert.
Vorteile der digitalen LV-Erstellung:
- Zeitersparnis durch Vorlagen und Standards
- Automatisierte Datenprüfung
- Einheitliches GAEB-Format für Datenaustausch
- Keine manuelle Formatierungsfehler











