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Behinderungsanzeige nach VOB/B & ÖNORM erklärt

Matthäus Kerres
Matthäus Kerres
03/2024
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Im Bauwesen spricht man immer dann von einer Behinderung, wenn der ursprünglich geplante Bauablauf durch unvorhergesehene Ereignisse verzögert oder sogar angehalten wird. In diesem Fall gilt es für alle am Bau Beteiligten, unverzüglich zu reagieren. Daher ist eine rasche Benachrichtigung, die sogenannte Behinderungsanzeige, an alle Betroffenen zu senden. Anschließend müssen so schnell wie möglich Maßnahmen und Lösungswege gefunden werden, um zeitnah zum normalen Bauablauf zurückzufinden.

Was ist eine Behinderungsanzeige?

Eine Behinderungsanzeige ist zunächst einmal ein formelles Schreiben, das beim Eintritt einer Baubehinderung verfasst werden muss. Unter einer Baubehinderung sind alle diejenigen Geschehnisse zu verstehen, welche den vertraglich vereinbarten und geplanten Bauablauf gefährden. Dies kann verschiedene Gründe haben, die entweder in der Verantwortung einer oder mehrerer Auftragnehmer:innen liegen, aber auch durch von Auftraggeber:innen verschuldete Ereignisse oder gar höhere Gewalt eintreten können.

Es wird wohl kaum ein Bauprojekt geben, bei dem nicht trotz sorgfältigster Planung mindestens einmal eine Behinderung auftritt. Zu komplex sind die Bauabläufe, als dass Planer:innen immer alle Eventualitäten zu hundert Prozent kalkulieren könnten. Davon abgesehen lässt sich das Wetter sowieso nie voraussagen. Eine einzige Schlechtwetterperiode kann insbesondere in der Rohbauphase das gesamte Projekt buchstäblich ins Schwimmen bringen.

In allen genannten Fällen ist es aber nun unumgänglich, diese Behinderung schriftlich anzuzeigen. Da das BGB in den Regelungen zum Werkvertragsrecht keine Aussage zu Behinderungen und ihrer Anzeige macht, sollten Bauverträge nach VOB bzw. in Österreich nach ÖNORM abgeschlossen werden. Beide Regelwerke treffen klare Aussagen, wie eine Behinderungsanzeige aufgesetzt werden muss und in welchen Fällen sie gerechtfertigt ist.

Wann ist eine Behinderungsanzeige nötig?

Eine Behinderungsanzeige ist immer dann nötig, wenn Auftragnehmer:innen erkennen, dass sie eine vertraglich vereinbarte Leistung nicht ordnungsgemäß oder rechtzeitig erbringen können. Dabei ist es sehr wichtig, zu berücksichtigen, dass mit der Anzeige nicht gewartet werden muss, bis die Behinderung tatsächlich eingetreten ist. Deutet sich beispielsweise im Vorfeld bereits eine mögliche Behinderung an, sollten Auftragnehmer:innen schon zu diesem Zeitpunkt die Behinderungsanzeige einreichen. Ausnahme: die Gründe sind von ihnen selbst zu verantworten. In diesem Fall müssen die Auftragnehmer:innen selbst für die Folgen geradestehen.

Als typische Beispiele für von Auftraggeber:innen zu verantwortenden Gründen wären zu nennen:

• Verzögerungen von Materiallieferungen, wie jüngst häufig durch globale Ereignisse geschehen.
• Verzögerte oder mangelhafte Vorleistungen anderer Auftragnehmer:innen.
• Fehlende Planungsunterlagen seitens der verantwortlichen Planer:innen.
• Verzögerte Auftragserteilung.

Weiterhin kommen noch Gründe in Frage, für die keine der beiden Vertragsparteien die Verantwortung trägt:

• Höhere Gewalt, darunter fallen Ereignisse wie Naturkatastrophen, Pandemien oder Kriegsereignisse.
• Auftreten eines sehr schweren Unwetters oder von Überschwemmungen.
• Streiks oder Aussperrungen im eigenen Betrieb.

Immer wieder müssen Gerichte darüber entscheiden, ob das Auftreten einer Schlechtwetterphase bereits unter dem Begriff "Höhere Gewalt" einzuordnen ist. Dazu gibt es inzwischen eine recht klare Aussage: Es darf von höherer Gewalt durch Unwetter nur bei außergewöhnlichen Wetterbedingungen gesprochen werden. Zu den rechtlichen Definitionen weiter unten mehr.

Was beinhaltet eine Behinderungsanzeige?

Eine Behinderungsanzeige muss mehrere grundlegende Elemente enthalten, damit sie im Fall eines Gerichtsstreits rechtlich wirksam ist. Davon abgesehen dienen diese Elemente in erster Linie dazu, dass Auftragnehmer:innen den anderen Baubeteiligten zweifelsfrei kommunizieren, worin genau die Behinderung besteht. Daher sollten folgende Punkte in keiner Behinderungsanzeige fehlen. In den Kopf der Behinderungsanzeige gehören:

• Name Auftraggeber:in
• Name Auftragnehmer:in
• Datum
• Bezeichnung Bauprojekt
• Bauabschnitt
• Bauteil
• Genaue Bezeichnung der Bauleistung

Anschließend kommt die Beschreibung der Behinderung:

Zeitraum: Seit wann und wie lange voraussichtlich besteht die Behinderung?
Ursache: Wodurch und ggfs. durch wen oder was wurde die Behinderung verursacht?
Betroffene Leistungen aus dem LV: Welche Bauleistungen und Bauabschnitte sind von der Behinderung betroffen?
Vorschläge zur Lösung: Wenn möglich, sollten Auftragnehmer:innen bereits Vorschläge machen, um die Auswirkungen der Behinderung zu minimieren bzw. alternative Auswege zu finden.
Mögliche Konsequenzen: Falls möglich, sollten Auftragnehmer:innen versuchen, Folgen und eventuelle Zusatzkosten der Behinderung abzuschätzen.

Auch wenn der letzte Punkt nicht immer einfach ist, helfen diese Angaben den Auftraggeber:innen, die möglichen Konsequenzen und die Tragweite der Behinderung besser zu verstehen und einzuschätzen. Auf diese Weise kann bei weitreichenden Behinderungen auch die Dringlichkeit verdeutlicht werden.

In jedem Fall ist eine Behinderungsanzeige schriftlich abzufassen, das fordert auch die VOB/B in § 6 Abs. 1.1.

Rechtliche Grundlagen einer Behinderungsanzeige: VOB & ÖNORM

Wie bereits erwähnt, fehlen im BGB konkrete Angaben, wie im Falle von Behinderungen zu verfahren ist. Daher empfehlen sich immer Bauverträge nach VOB in Deutschland bzw. ÖNORM in Österreich. Besonders die VOB geht im Teil B im Paragraph 6 sehr ausführlich auf alle verschiedenen Aspekte der Behinderungsanzeige ein. Die ÖNORM ist dagegen zu diesem Thema deutlich knapper verfasst.

Behinderungsanzeige nach VOB/B

Die VOB/B § 6 legt im Abs. 1 deutlich fest, wie im Fall einer Behinderung zu verfahren ist: (1) " Glaubt sich der Auftragnehmer in der ordnungsgemäßen Ausführung der Leistung behindert, so hat er es dem Auftraggeber unverzüglich schriftlich anzuzeigen." Weiterhin werden auch gleich die Konsequenzen bei Nichtanzeige aufgeführt: (2) "Unterlässt er die Anzeige, so hat er nur dann Anspruch auf Berücksichtigung der hindernden Umstände, wenn dem Auftraggeber offenkundig die Tatsache und deren hindernde Wirkung bekannt waren." Da in diesem Fall den Auftragnehmer:innen die Beweispflicht obliegt, nachzuweisen, dass die Offenkundigkeit gegeben war, sollte immer eine Behinderungsanzeige erstellt werden.

Zu den weiteren Pflichten von Auftragnehmer:innen gehört die sofortige Wiederaufnahme der Arbeiten in dem Moment, wenn die Behinderung weggefallen ist. Über die Wiederaufnahme müssen Auftragnehmer:innen ebenfalls die Auftraggeber:innen unverzüglich informieren.

Mit einer Behinderungsanzeige sichern sich Auftragnehmer:innen gegen negative Rechtsfolgen einer Baubehinderung ab. Gleichzeitig erwachsen ihnen durch die Anzeige bestimmte Rechte:

Fristverlängerung: Nach VOB/B § 6 Abs. 2 haben Auftragnehmer:innen bei bestimmten Gründen das Recht auf Verlängerung der Ausführungsfristen.
Zuschläge: Nach VOB/B § 6 Abs. 4 haben Auftragnehmer:innen Recht auf einen "Zuschlag für die Wiederaufnahme der Arbeiten und die etwaige Verschiebung in eine ungünstigere Jahreszeit."
Teilabrechnung: Nach VOB/B § 6 Abs. 5 haben Auftragnehmer:innen bei längerer Unterbrechung der Bautätigkeit das Recht auf Zahlung der bereits fertiggestellten Teilleistungen sowie eventuell bereits entstandener Kosten zur Vorbereitung noch nicht ausgeführter Teilleistungen.
• Schadenersatz: Nach VOB/B § 6 Abs. 6 besteht beiderseitiger Anspruch auf Schadenersatz, je nachdem, welche Vertragsseite die Behinderung zu verantworten hat.
Rücktritt vom Vertrag: Nach VOB/B § 6 Abs. 7 haben beide Seiten bei einer Unterbrechung von mehr als 3 Monaten das Recht, den Vertrag schriftlich zu kündigen.

Auftraggeber:innen obliegt die Pflicht, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um für die möglichst rasche Beseitigung der Behinderungen zu sorgen.

Leistungsabweichung nach ÖNORM

Für Bauprojekte in Österreich finden sich die entsprechenden Regelungen zur Baubehinderung in der ÖNORM B 2110 Pkt. 7. Hier wird übrigens in erster Linie der Begriff "Leistungsabweichung" verwendet. Danach wird beiden Vertragsseiten zu gleichen Teilen die Pflicht auferlegt, alles in ihrer Macht Stehende zu unternehmen, um Behinderungen zu vermeiden oder auf ein Minimum zu reduzieren. Auch die Mitteilungspflicht, also Anzeige, wird auf beide Seiten verteilt. Jede Vertragspartei hat in folgenden Fällen die Pflicht, unverzüglich die andere Seite zu informieren:

• Beim Erkennen einer Behinderung.
• Beim Wegfall einer Behinderung.
• Bei der Wiederaufnahme der Arbeit.

Etwaige den Auftragnehmer:innen zustehende Ansprüche müssen ebenfalls unverzüglich eingefordert werden, ohne dass die ÖNORM allerdings dazu genauere Festlegungen trifft.

Was sind die Gründe für eine Baubehinderung?

Die Gründe für eine Baubehinderung werden ausführlich in der VOB/B § 6 erörtert. Dabei wird unter zwei verschiedenen Ursachenbereichen unterschieden:

Behinderungen, die Auftraggeber:innen zu verantworten haben:

o Fehlende oder verspätete Auftragserteilung.
o Fehlende oder unvollständige Ausführungspläne.
o Geänderte oder zusätzliche Leistungen.
o Verzögerungen bei Materiallieferungen.
o Verzögerte oder mangelhafte Vorleistungen.

Behinderungen, für die keine der beiden Seiten verantwortlich ist:

o Höhere Gewalt durch globale Ereignisse, Naturkatastrophen oder Kriege.
o Nicht voraussehbare Unwetter, die normalerweise nicht in der Bauperiode zu erwarten wären.
o Streiks oder Aussperrungen im Betrieb der Auftragnehmer:innen oder direkter Subunternehmer:innen.

Wie bereits oben erwähnt, werden jahreszeitbedingte Schlechtwetterphasen laut VOB nicht als Grund für eine Baubehinderung erkannt.

Wie läuft die Behinderungsanzeige ab?

Die Behinderungsanzeige läuft vom ersten Auftreten der Behinderungen bis zum Abschluss und der Wiederaufnahme der Bauarbeiten immer in drei Schritten ab.

1. Baubehinderung erkennen:
Bauunternehmer:innen, die mit wachem Auge die Bauarbeiten kontrollieren, sind sehr oft in der Lage, eine Behinderung sehr viel früher festzustellen oder zu "erahnen", als sie tatsächlich auftritt. Beispielsweise können branchenweite Nachrichten über Lieferprobleme bei bestimmten Materialien oder eine offensichtlich mangelhaft arbeitende andere Baufirma bereits ein Indiz dafür sein, dass es mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Behinderung kommt. Bereits eine erste Vermutung reicht vollkommen aus, um eine Behinderungsanzeige zu erstellen. Auftragnehmer:innen müssen und sollten nicht warten, bis die Behinderung tatsächlich eingetreten ist, es sei denn, sie kommt für alle Beteiligten völlig überraschend. Auf jeden Fall ist immer schnelles und unverzügliches Handeln angesagt.

2. Beweissicherung und Dokumentation:
Nun geht es an die lückenlose und möglichst detaillierte Dokumentation, am besten im Bautagebuch. Dazu sollten alle Aspekte der Behinderung festgehalten werden, wie z.B.:

• Der Ist-Zustand der eigenen Bauleistungen bei Eintritt der Behinderung.
• Alle eigenen von der Behinderung betroffenen Bauleistungen.
• Die Auswirkungen auf die weiteren eigenen Bauleistungen.
• Bekannte Details, wodurch die Behinderung verursacht wird.
• Falls möglich: Einschätzung der Dauer der Behinderung.
• Fotos bzw. Videos in Anlage zur besseren Veranschaulichkeit.

3. Versand der schriftlichen Behinderungsanzeige:
Dieser sollte am besten aus Beweisgründen per Einschreiben erfolgen. Die Anzeige sollte neben der Angabe des Bauprojekts und der Namen vor allen Dingen auch das genaue Startdatum, die Ursache und die betroffenen Bauleistungen inkl. der Auswirkungen enthalten. Eventuelle Lösungsvorschläge oder Schätzungen der Mehrkosten helfen dem Adressaten bei der Lösung.

Was muss der Auftraggeber bei einer Behinderungsanzeige tun?

Nun ist es an den Auftraggeber:innen, auf die Anzeige zu reagieren. Dazu gibt es drei Möglichkeiten:

1. Annahme: Die Behinderungsanzeige ist nach den Definitionen der VOB oder ÖNORM gerechtfertigt. In diesem Fall werden die Fristen verlängert und eventuelle finanzielle Ansprüche der Auftragnehmer:innen erstattet.

2. Klärung: Es gibt Zweifel oder Unklarheiten. In diesem Fall sollte ein Gespräch die empfehlenswerteste Alternative sein, um einen gemeinsamen Nenner zu finden.

3. Verweigerung: Liegen begründete Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Anzeige vor, können Auftraggeber:innen sie zurückweisen. Falls dies berechtigt ist, erlangt sie übrigens auch ohne diese Zurückweisung rechtlich keine Gültigkeit. Anders sieht es aus, wenn sich später z.B. vor Gericht herausstellt, dass sie berechtigt war. In diesem Fall wären Auftraggeber:innen dann vollumfänglich haftbar.

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